Was brauche ich gerade wirklich?

Die Kunst des Nichts Tuns

Innehalten – durchatmen – riechen – wahrnehmen.

Das klingt so einfach. Und es klingt wie ein Werbeslogan für ein Yoga Retreat, von denen es inzwischen überall wimmelt.

Wie oft sieht man jemanden einfach auf einer Bank sitzen und nichts tun? Der geschäftige Frühling tut sein übriges: er treibt uns an, noch mehr zu tun. Arbeiten, Sport treiben, Pflanzen, Frühjahrsputz, Seminare buchen, das Jahr planen, neue Vorsätze umsetzen, eigenen Ansprüchen gerecht werden.

STOP!

Einfach innehalten, durchatmen, riechen und wahrnehmen. Wonach ist mir denn gerade? Ist es notwendig, genau JETZT zu arbeiten? Gibt es einen wichtigen Termin? Ist es notwendig, JETZT einzukaufen? Will ich mich wirklich JETZT verabreden? Spüre ich überhaupt noch vor lauter To-Do Listen, was wirklich notwendig ist und was ich brauche?

Gewaltfreie Kommunikation, Aktives Zuhören – das ist die Basis für gelingende Kommunikation, für ein konstruktives Miteinander im Alltag und auf der Arbeit. Jegliche Ausschmückungen, und theoretischen Verzierungen von Kommunikationsmodellen, jegliche Gesprächstermine und Verabredungen bringen mir nichts, wenn die Basis nicht funktioniert – die Verbindung und das Ernst nehmen meiner eigenen Bedürfnisse.

Aus der Besonnenheit heraus, in den Pausen oder auf der Toilette kommen die besten Impulse. Es gibt Berge von Literatur, die sich mit der Kunst des Nichts Tun beschäftigen. Müssen wir das alles lesen, um zu der Fähigkeit zu gelangen, nichts zu tun?

Kein Rasen mähen, kein Beitrag schreiben, nicht einkaufen, nicht staubsaugen, nicht arbeiten. Heute Nachmittag habe ich gestreikt – zusammen mit meinem sechsjährigen Sohn. Den ganzen Nachmittag haben wir auf 2 Quadratmetern in der Sonne gelümmelt – und genau nichts gemacht. Ohne Eis, ohne Hörspiel, ohne alles. Was für ein Luxus: Urlaub im Alltag. Die besten Ideen kamen zwar nicht – dafür ist Geist und Seele wieder etwas aufgetankt, es gibt wieder etwas Platz im Gehirn, vermischt mit den Gerüchen, Geräuschen und Farben vom Frühling, die nun weiterwirken dürfen.

Und wir wissen, was wir bei der nächsten Gelegenheit unbedingt machen wollen: Rasen mähen. Und wir wissen auch warum. Damit er im Sommer weiter so schön weich bleibt. Damit wir wieder weiter rumlümmeln können.

Also lade ich ein: zum inne halten, durchatmen, riechen, wahrnehmen und einfach mal streiken. Um emotional nicht zu verhungern, um wieder zu fühlen, was das ICH JETZT wirklich braucht.

Und falls Sie weitere Hilfe dafür benötigen, hier eine kleine Auswahl der Literatur:

„Nichtstun: Die Kunst, sich dem Leben hinzugeben“
Autor: Jenny Odell
Ein kluges, gesellschaftskritisches Buch, das zeigt, wie wichtig es ist, sich bewusst gegen die ständige Erreichbarkeit und Produktivität zu entscheiden. (Originaltitel: How to Do Nothing)

„Die Kunst des Müßiggangs“
Autor: Hermann Hesse
Eine Sammlung von Essays und Gedanken über das bewusste Innehalten, geschrieben mit poetischer Tiefe.

„In der Stille liegt dein Weg: Wie wir durch Entschleunigung zur inneren Ruhe finden“
Autor: Haemin Sunim
Ein sanftes, buddhistisch inspiriertes Buch über das Loslassen von Hektik und das Wiederentdecken der Ruhe.

„Die Entdeckung der Langsamkeit“
Autor: Sten Nadolny
Ein Roman über den Polarforscher John Franklin – eine literarische Betrachtung darüber, was es heißt, Zeit anders wahrzunehmen.

„Muße: Vom Glück des Nichtstuns“
Autor: Ulrich Schnabel
Eine Mischung aus Wissenschaft, Philosophie und Lebenskunst. Schnabel argumentiert, warum echte Muße keine Faulheit, sondern ein Akt der Selbstbestimmung ist.

„Zeitwohlstand: Wie wir anders arbeiten, leben und wirtschaften“
Autor: Anna Katharina Böllhoff u.a.
Betont, warum Zeit wichtiger ist als Geld – und wie ein bewusster Umgang mit Zeit zu mehr Lebensqualität führt.