Die Kunst der Pause

Um was geht es eigentlich? Die Kunst der Pause in erhitzten Gesprächen

Die Gemüter sind erhitzt, die Köpfe rauchen, Ungeduld beherrscht den Raum. Höchste Zeit für eine Pause. Aufstehen, lüften, durchatmen, innehalten: um was geht es mir eigentlich jetzt gerade? Was brauche ich?

Die Zeit ist knapp, der Knoten ist groß, und die Erwartungen hoch Lösungen zu finden. Doch es ist klar: es bringt jetzt gar nichts, weiterzuarbeiten oder weiterzureden. Nichts. Im Gegenteil: es kostet noch mehr Energie und Kraft, die dann für kreative Lösungen fehlt. Warum fällt es uns dennoch schwer, eine Pause zu machen? Weil jede Person in dem Raum so einen Druck hat, noch etwas zu sagen? Weil sich eine Pause wie Kapitulation anfühlt? Weil wir in einem Strudel gefangen sind?

In Mediationen geht es oft sehr erhitzt zu. Bis Menschen neutrale Personen anfragen, sie in ihren Streitigkeiten zu unterstützen, braucht es einen großen Leidensdruck. Oft ist die Gefahr groß, dass wir als Mediierende in den Strudel der Emotionen und kochenden Energien mit eingesogen werden. Daher bestehen wir auf eine Pause – einen Schritt heraustreten. Und es ist noch nicht ein einziges Mal passiert, dass wir in diesen Pausen keinen Impuls bekommen haben. Jeder Impuls kann dazu führen, den Knoten zu durchbrechen und neue Räume zu öffnen.

Neulich habe ich ein Gespräch begleitet: Es ging um das Kindeswohl. Eine sehr heikle Angelegenheit. Auf der einen Seite waren die Ängste stark, das eigene Kind nicht mehr behalten zu dürfen. Auf der anderen Seite wurde Druck aufgebaut, das Misstrauen war sehr hoch und die Sorge um das Kindeswohl und die Verantwortung für dieses entsprechend groß. Drohungen wurden ausgesprochen, die Abwehrhaltung verstärkte sich, Beschuldigungen nahmen Überhand. Um was geht es hier? Richtig, um das Wohl des Kindes. Aufstehen, lüften, durchatmen, innehalten. Was braucht das Kind? Und hier waren sich alle einig: einen geeigneteren Beschulungsort, um den besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. Warum es besondere Bedürfnisse hat, und wie diese genannt werden, war in dem Moment nicht wichtig und zielführend. Ein gemeinsamer Strang wurde wieder entdeckt, Ängste, eigene Verletzungen und Sorgen, Drohungen und Misstrauen konnten der gemeinsamen konstruktiven Lösungssuche weichen – für das Wohl des Kindes.

Also bitte, vergessen Sie nicht, einfach mal eine Pause zu machen: innezuhalten und sich fragen, um was es Ihnen in diesem Moment eigentlich geht und was Sie jetzt wirklich brauchen. Dann können Sie sich wieder öffnen, und den nächsten Schritt tun.

Theresa Siess / Juli 2024